Schatten

Der Epochenunterricht

Merkmal pädagogischer Besonderheiten von Waldorfschulen ist der Epochenunterricht (Blockunterricht). In den ersten zwei Stunden am Morgen erteilt der Klassenlehrer den Hauptunterricht in Epochen von mehreren Wochen pro Fach. Die Unterrichtsepochen der ersten Klasse sind lang und noch wenig differenziert. Formenzeichnen, Erzählungen aus Natur und Jahreszeiten, Umwelt und Heimat des Kindes, Rechnen, Schreiben, Lesen wechseln einander ab. Immer mehr differenzieren und spezialisieren sich dann die drei bis vier Wochen dauernden Hauptunterrichtsepochen in den Fächern Deutsch, Sachkunde, Heimatkunde, Erdkunde, Tierkunde, Menschenkunde, Pflanzenkunde, Gesteinskunde, Physik, Chemie, Geschichte, Rechnen  Geometrie usw.

Fachbezogene Inhalte aus den Epochen werden in regelmäßigen zusätzlichen wöchentlichen Übungsstunden aufgegriffen.

In einer guten Unterrichtsstunde des Hauptunterrichtes wird ein Waldorflehrer nicht alles bis zum Ende erklären, sondern darauf achten, wichtige Fragen offen zu lassen.

Während des Schlafes der Nacht kann die Frage im Unterbewusstsein des Schülers geistig aufkeimen und am nächsten Tag mit einem ganz anderen Tiefgang von den Schülern behandelt werden.

Was die Nacht zwischen den Unterrichtstagen, das bedeutet  die Pause zwischen den Epochen eines Faches. Das Erinnern und Wiederbegegnen des Untergesunkenen im klaren Bewusstsein bewirkt, dass sich aus Kenntnissen Fähigkeiten bilden können.

Diese Form der Arbeit bietet große Möglichkeiten das Interesse der Kinder zu konzentrieren, zu aktivieren und das Stoffgebiet zu geschlossenen, einprägsamen Bildern auszugestalten. Der Unterrichtsstoff wird so dauerhaft vermittelt. Einem kurzfristigen Aufnehmen und genau so rasch wieder Vergessen des Unterrichtsstoffes wird so entgegengewirkt.

Anstatt mit vorgefertigten Formen und Ideen zu arbeiten, ersetzen selbst gestaltete Epochenhefte weitgehend vorgegebene Lehrbücher. Ein trockenes Lesenlernen wird durch ein Herausarbeiten der Buchstaben aus künstlerisch gestalteten Buchstaben ersetzt und somit unter dem Motto „Lernen durch Tun“ das Schreiben vor dem Lesen gelernt.

Durch ein intensiveres Einbinden von künstlerischen Übungen in den Unterricht soll der Unterrichtsinhalt den Schüler allseitig ansprechen und fördern: pragmatisch, emotional und kognitiv.

Unterstufe

In den ersten zwei Stunden am Morgen erteilt der Klassenlehrer den Hauptunterricht in Epochen von mehreren Wochen pro Fach. In der Unterstufe wechseln Formenzeichnen, Rechnen, Schreiben und Lesen einander ab. Das Formenzeichnen ist ein waldorfspezifisches Unterrichtsfach, in dem das Kind Formen wie z.B. Kreise, Lemniskaten, Sterne oder Symmetrien zu Papier bringt und dabei sein Koordinationsvermögen, sein räumliches Vorstellungsvermögen und nicht zuletzt seinen Schönheitssinn entwickelt. In den ersten Schuljahren wird die natürliche, nachahmende Bewegungsfreude der Kinder wo immer sinnvoll aufgegriffen. So trifft man in der Rechenepoche hüpfende Kinder, die dabei eine Einmaleinsreihe lernen oder die Kinder begleiten ihre Gedichte mit schönen Gesten oder sie spielen kleine Geschichten oder sie tanzen oder laufen Formen im Raum. Alles Lernen geht vom eigenen Tun aus, das Begreifen schließt sich daran an. So werden z.B. zuerst die Buchstaben und Wörter schreibend kennengelert und nach und nach daran das Lesen geübt.

Der Unterrichtsstoff wird niemals trocken und phantasielos an das Kind herangetragen. Eine Märchenstimmung durchzieht alles Unterrichten. Die Buchstaben fallen nicht vom Himmel, sondern zunächst wird ein Märchen oder eine vom Lehrer selbst erdachte Geschichte den Kindern erzählt – vielleicht das Märchen von der goldenen Gans. Dann wird die goldene Gans mit Wachskreiden gemalt. Dann wird aus der Gans der Buchstabe G zeichnend abstrahiert und zuletzt wird der Laut dazu gesprochen.

Somit wird dem Kind nichts Fremdes übergestülpt, sondern es kann eine innige Gefühlsbeziehung zu dem Buchstaben "G" entwickeln und hat dessen "Entststehung" mitvollziehen können. Im Erzählteil am Ende des Hauptunterrichts erzählt der Lehrer neben den Märchen Legenden, Fabeln und Mythen. So wird das Kind früh herangeführt an zeitlose Dichtungen der Weltliteratur, an moralische und religiöse Vorbilder und an tiefe Menschheitsfragen. Auch das Aufwachen für die umliegende Natur, für Stein, Pflanze, Tier und Stern wird durch bildhafte Geschichten gefördert. Da wird nicht intellektuell erklärt, sondern die stolze Rose spricht zum bescheidenen Veilchen und vielleicht schlichtet der schlaue Fuchs den Streit zwischen den beiden.

Mittelstufe

Im Laufe des 10. Lebensjahres distanziert sich das Seelische des Kindes stärker von der Umwelt. Der Blick wird wacher, das forschende Interesse regt sich. Nun will das Kind viel erfahren über die Welt und zahlreiche neue Fächer versuchen Antworten zu geben:

Grammatik, Heimatkunde, Sachkunde, Tierkunde, Pflanzenkunde, Menschenkunde, Gesteinskunde, Sternenkunde, Geschichte, Geometrie. Bis zur 6. Klasse wird der Stoff keineswegs intellektuell oder distanziert behandelt. Wird in der Erdkunde der Rhein durchgenommen, dann unternehmen die Schüler eine virtuelle Fahrt entlang des Flusses: sie suchen seine Quelle, fahren durch den Bodensee, sprechen mit den Fischern, passieren den Rheinfall, lauschen alten Rheinsagen, zeichnen die Ruinen einer Ritterburg, besuchen Köln, machen eine Rundfahrt durch den Duisburger Hafen, lernen etwas  Holländisch und bauen noch ein Modell des Flusslaufes. Die Schüler dokumentieren die Früchte des Gelernten in einem Epochenheft. Dort sammeln sie alle Texte, Aufsätze, Zeichnungen, Bilder, Landkarten, Schautafeln, Tabellen und Fotos der Epoche. Die Hefte sollen ästhetisch befriedigen, denn was ich schön gestaltet habe, damit habe ich mich auch tief verbunden. Fachbücher dienen somit meist nur als Sekundärliteratur.

Oberstufe

Erst ab der 6. Klasse mit dem 12. Lebensjahr und immer stärker in der eigentlichen Oberstufenzeit erwachen die intellektuellen Kräfte im Jugendlichen und wollen die Welt kausal verstehen und mit eigenem Urteil ergründen. Nun wird insbesondere das eigenständige Denken der Schüler geschult. Die naturwissenschaftlichen Fächer wie Chemie und Physik eignen sich dazu in hervorragender Weise.

Exaktes Beobachten und Beschreiben der Versuche, selbständiges Durchdenken des Wahrgenommen und dann das tief befriedigende Schlüsseziehen um den Naturgesetzen auf die Spur zu kommen: Das ist eine hervorragende Denkschulung und und stärkt die Persönlichkeitsbildung entscheidend. Auch das Erproben der eigenen Kräfte in der außerschulischen Welt tritt immer stärker in den Vordergrund. In zahlreichen Projekten, Praktika und Fahrten begegnen die Schüler ihren Stärken und Schwächen.

Bisher wurden an unserer Schule durchgeführt: Forstpraktikum, Kanutour, Theaterprojekt, Feldmesspraktikum, Berufspraktikum, Sozialpraktikum und Sprachreise.

Zu den Abschlüssen.